Ein natürlicher Teichfilter

Süßwasserschwamm

Wenn man im Sommer über die Steinstufen in unseren Teich steigt, tritt man auf einen leicht glitschigen, schwammigen Belag, der ungefähr einen Zentimeter dick ist. Im Spätherbst und im Frühling bildet die gleiche Substanz eine raue Matte, die sich wie ein Antirutschbelag für Badewannen angreift.

Vor zwei Jahren ist mir dieses Lebewesen zum ersten Mal aufgefallen. Seit damals ist das Wasser den ganzen Sommer über glasklar und sauber, denn was sich schwammig angreift, ist auch Schwamm, und dieser filtert durch die feinen Poren unaufhörlich Trübstoffe wie Bakterien und Einzeller aus dem Wasser.

Nur am Fotografieren scheitere ich. Man kann die Hand hineindrücken, dann bleiben die Umrisse für ein paar Sekunden sichtbar, bis sich der amorphe Belag wieder aufrichtet. Ansonsten hat das keine genau definierte Struktur. Es lässt sich nicht zufriedenstellend abbilden. Fassbar werden diese Süßwasserschwämme erst im Winter, wenn sie absterben und winzige Kieselsäurenadeln zurückbleiben, die sich rau angreifen. Nur kleine Kügelchen, die sogenannten Gemmulae, überwintern, und aus diesen bildet sich im nächsten Jahr eine neue Generation, für die die Rückstände des letzten Jahres den idealen Untergrund darstellen. An den gleichen Stellen entsteht so wieder der weiche, leicht glitschige Überzug.

Süßwasserschwämme sind deutlich unauffälliger als ihre Verwandten im Meer. Es gibt mehrere Arten, die man aber nur unter dem Mikroskop unterscheiden kann. Im Grunde genommen sind diese Lebewesen nur ein loser Zusammenschluss aus Zellen mit unterschiedlichen Funktionen. In den Kanälen sitzen Geißelzellen, die das Wasser bewegen. Dazwischen nehmen frei bewegliche Fresszellen die Nahrung auf und verteilen sie an die anderen Zellen, die selbst nicht fressen können. Dieses Lebewesen ist quasi eine Zellkooperative und damit die erste Evolutionsstufe auf dem Weg zu höheren Lebensformen. In seiner Gesamtheit ist dieser Belag wahrscheinlich der mit Abstand größte Bewohner in unserem Teich, ein Lebewesen, das ich jeden Tag berühre, wenn ich ins Wasser steige, und das trotzdem nicht fassbar ist.

Mehr zum Thema findet sich in meinem Buch Amphibienbademeister – Zweitberuf am naturnahen Gartenteich.

Köcherfliegenlarven in Teich und Garten

Köcherfliegenlarve

Dass man bei folgenden Fotos auf den ersten Blick den Eindruck hat, es gäbe eigentlich kein Tier zu sehen, ist Absicht, wenn auch nicht meine.

Bei dem Insekt, das sich hier vor seiner Umwelt verbirgt und dementsprechend schwer zu fotografieren ist, handelt es sich um eine Köcherfliegenlarve, wahrscheinlich ein Exemplar von Limnephilus rhombicus, aber das Bestimmen von Köcherfliegen ist eher Kaffeesudleserei. In Mitteleuropa gibt es 400 verschiedene Arten, von denen Bellmanns Kosmos-Insektenführer 23 Vertreter verzeichnet, die alle auf Deutsch bloß Köcherfliege heißen.

Die fertigen Insekten leben nur kurz, und von den Larven sieht man fast nichts, weil sie ihren Körper in einer kunstvollen Hülle verbergen. Jede Art verwendet andere Materialien – Blätter, Stängel, Steinchen oder auch Schneckenschalen – und der Bauplan wird an das vorhandene Materialangebot angepasst, so dass das Ergebnis bei derselben Art unterschiedlich aussehen kann.

Um Algen, Moose und andere Pflanzenteile abweiden zu können, müssen sich die Tiere natürlich bewegen, und so kann man sie dann doch entdecken. Vor zwei Jahren fielen mir im Teich zahlreiche Exemplare der Großen Teichköcherfliege Phryganea grandis auf, die ich damals hier im Blog gezeigt habe:

Es gibt auch Arten, die eine flauschigere Form bevorzugen. Man erkennt sie im trüben Teichwasser wirklich nur, weil sie alle die gleichen ruckartigen Bewegungen vollführen, wenn sie ihren Köcher auf der Suche nach Nahrung vorwärtsziehen.

Am meisten staunte ich aber über folgendes Tierchen, das ich letztes Jahr im Mai auf einem bemoosten Stein entdeckte und bei dem es sich vielleicht um eine Enoicycla handelt. Reflexartig wollte ich das Tier in den Teich tragen, aber es gibt auch Arten, die ihre Larvenzeit an Land verbringen. Sie unterscheiden sich von den Wasserbewohnern dadurch, dass man sie noch viel leichter übersieht.

Der Köcher wird durch Spinnfäden zusammengehalten und besteht beim letzten Exemplar aus Blattresten, Steinchen und den längsgerichteten Stöckchen, die auf dem Rücken montiert sind. Diese Stängel können bei einzelnen Arten länger sein als das ganze Tier und machen ein Verschlucken der gesamten Konstruktion fast unmöglich. Eine wirklich erstaunliche Bastelleistung.

Schlangenbesuch

Ringelnatter

Die erste Ringelnatter am Teich habe ich letztes Jahr am 10. April fotografiert, dieses Jahr war es der 30. Nicht zuletzt daran zeigt sich, dass der heurige April im Schnitt um zwei bis drei Grad zu kalt war. Die beiden Schlangen waren mit 50 bis 60 Zentimeter ungefähr gleich groß aber nicht identisch, wie die Gegenüberstellung zeigt.

Es gibt bei uns zwei Farbvarianten. Die rötlich-braune, die ich letztes Jahr aufgenommen habe, kommt fast häufiger vor als die sonst übliche graue. Die meisten Exemplare, die ich sehe, sind übrigens kaum größer als ein Bleistift. Unser Teich taugt mehr als Kinderstube, ab einem gewissen Alter wird er den Tieren dann als Jagdrevier zu klein.

Was ich mir bei den Sichtungen abgewöhnt habe, ist das Herbeirufen aller Verwandten und Bekannten. Meine Begeisterung für diese faszinierenden Gartenbesucher ist leider nicht übertragbar. Dabei sind Ringelnattern ungiftig und ungefährlich. Sie sind nach meinem Empfinden auch keineswegs scheu, wie meist geschrieben steht, sondern eher neugierig und lassen sich aus kurzer Distanz beobachten, wenn man sich nicht hastig bewegt.

Mit der Serienaufnahme habe ich dieses Jahr auch die Zunge aufs Bild bekommen. Im Gegensatz zu Eidechsen wie den Blindschleichen hat die Schlange vorne eine kleine Ausnehmung fürs Züngeln und muss deshalb den Mund nicht öffnen. Wenn man sie nicht beunruhigt, tastet sie so fast ständig ihre Umgebung nach Gerüchen ab.

Auf den ersten Blick sieht man von einer Ringelnatter fast immer nur den Kopf mit den beiden halbmondförmigen Flecken im Nacken. Ich vermute, dass sie damit auch ihre Beutetiere zu täuschen vermag, weil es durch die Zeichnung so wirkt, als wäre der auf dem Wasser schwimmende Kopf schon alles. Tatsächlich ist das zierliche Tier meist länger, als man glaubt, und wenn sie an einem vorbei kriecht, ist man erstaunt, wie viele Zentimeter Schlange zu diesem kleinen Kopf gehören.

Die Ringelnatter schwimmt nicht nur gut, sie taucht auch, aber vor allem im Frühling ist nach ein, zwei Stunden der Beutezug im Teich beendet. Dann muss sie aus dem kalten Wasser, um sich aufzuwärmen, und da wir beide ortskundig sind und den kürzesten Weg ins nächste Gebüsch kennen, sind so die Nahaufnahmen an Land entstanden. Ohne Hast macht sich die Schlange dann im Gestrüpp beeindruckend leicht unsichtbar.

Neuzugang Köcherfliegenlarve

Köcherfliegenlarve

Köcherfliegenlarven sind eine Jugenderinnerung. In den meisten Teichen krochen irgendwo diese zusammengerollten Blätter herum. Mit dem Köcher, den sie herumschleppen, erinnert ihre Fortbewegung ein wenig an flotte Gehäuseschnecken. Wenn sie sich bewegen, sind sie leicht zu erkennen; regungslos in ihrer Hülle sind sie nichts als eine Ansammlung von Steinchen oder abgestorbenen Pflanzenteilen und folglich so gut wie unsichtbar. Bislang habe ich sie in unserem Teich vermisst, aber in diesem Frühjahr ist plötzlich alles voll mit den Larven der Großen Teichköcherfliege.

Der Köcher besteht aus vielen Einzelteilen, die im Laufe der Entwicklung spiralförmig zusammengebaut werden. Die Larve häutet sich mehrmals, und mit dem Wachstum kommen auch beim Köcher neue Teile dazu. Jede Art hat ihren eigenen Bauplan. Manche verwenden Steinchen, andere Blätter und einzelne Arten verlängern den Köcher noch mit Pflanzenstielen, um ihn für Fische sperriger zu gestalten. Das macht ein Verschlucken unmöglich.

In unserem Teich sehen alle Teichköcherfliegenlarven ähnlich aus. Jedes Individuum verwendet die gleichen Materialien. Bei unterschiedlicher Bepflanzung könnte sich die Zusammensetzung der Köcher aber auch ändern. Die Tiere passen den genetisch vorgegebenen Bauplan an die Umweltbedingungen an. Das ist eine erstaunliche Leistung, wenn man bedenkt, dass die fertige Konstruktion einen abgestorbenen Pflanzenteil immer perfekt imitiert.

Für die Fotos habe ich ein Exemplar in ein großes Gurkenglas gefischt. Im Kescher war neben Algen, Schlamm und Blattresten auch ein kleines Stöckchen. Zuerst wollte ich das Netz schon auswaschen, dann habe ich den Pflanzenstiel herausgenommen und ebenfalls in mein Glas getan. Ich hatte zwei Exemplare gefangen und hätte das zweite fast übersehen. Die Tarnung ist perfekt, dabei ist die Konstruktion aus vielen Einzelteilen mit Spinnfäden zusammengeklebt. Das ist eine Form der Mimese, wo sich das Insekt seinen täuschenden Panzer auch noch selber bastelt.

Mit diesem Neuzugang werde übrigens nicht nur ich meine Freude haben. Die fertigen Insekten sind nachtaktiv, sehen ein wenig wie kleine Falter aus, mit denen sie auch entfernt verwandt sind, und flattern meist unbeholfen in Teichnähe. Das wir den Fledermäusen aber gefallen!

Libellenpaarung im Frühling

Winterlibelle Paarung

Wenn die ersten Libellen zum Ablaichen am Teich eintreffen, beginnt der Sommer. Das geht sich von der Zeit her gar nicht anders aus. Zuerst fressen sich die Larven nach der Winterpause noch einmal Kraft an, dann schlüpfen sie und nach einer Reifezeit kehren sie voll ausgefärbt zur Paarung an die Gewässer zurück. Dass die Fotos dieses Beitrags vom 30. März und vom 1. April stammen, ist dazu nur scheinbar ein Widerspruch, denn es handelt sich hier nicht um die ersten Libellen des laufenden, sondern um die letzten des vergangenen Jahres.

Die Fauna unserer Breiten hat ein großes Problem: Der Winter ist lang, kalt und es gibt nichts zu fressen. Für Libellen ist es naheliegend, dass sie diese Zeit im Larvenstadium verbringen, denn unter der Eisschicht hat das Wasser konstante vier Grad über null, hier droht also kein Erfrieren, solange das Gewässer tief genug ist. Von den zirka 70 in Mitteleuropa beheimateten Libellenarten haben sich fast alle für diesen Weg entschieden – bis auf zwei: die Gemeine und die Sibirische Winterlibelle.

Beide Arten sind sich in Aussehen und Verhalten sehr ähnlich. Den Winter verbringen sie als fertige Insekten in einem geschützten Unterschlupf, wie das manche Falter auch tun. Im Frühjahr zeigen sie sich dann ab April bei der Eiablage. Sie bevorzugen Gewässer bis zu einem Meter Tiefe. Da sie das Durchfrieren nicht fürchten müssen, sind sie dort konkurrenzlos und die Larven können sich im warmen, flachen Wasser schnell entwickeln. Ab Ende Juli, Anfang August fliegt bereits die nächste Generation.

Libellen zu beobachten hat übrigens immer einen Hauch von Sommer, denn auch die Winterlibellen fliegen nur, wenn es warm ist. An den beiden Nachmittagen, als die obigen Aufnahmen entstanden sind, war das Wetter ausgesprochen mild. Bei kälteren Temperaturen stellen die Winterlibellen ihre Flugtätigkeit ein, und über das Jahr betrachtet, liegt auch ihre Hauptaktivität in den Sommermonaten. Bei uns gibt es im Juli eine kurze Pause zwischen den Generationen, aber in südlicheren Breiten, wo das Ablaichen früher beginnt, sind das ganze Jahr über fertige Insekten unterwegs.