Im Mai ist der Teich so schön und gepflegt wie das ganze Jahr sonst nicht. Das Wasser ist vergleichsweise klar, am Boden ist kaum Schlamm, die Algen-Urwälder sind verschwunden und jeder Stein ist blank gewischt und von schleimigem Belag befreit.
Das war nicht vom Jahresanfang an so. Nach dem Auftauen der winterlichen Eisschicht trieben schlatzige, teilweise abgestorbene Algenteppiche auf dem trüben Wasser, und am Boden bildeten abgestorbene Pflanzenteile eine dicke Schlammschicht.
Das Chaos stört die Amphibien beim Ablaichen nicht, die Algenreste dienen ihnen als Versteck, und die Insekten benützen sie als Landeplatz beim Wasserholen, aber schwimmen möchte man halt in der ekligen, schlatzigen Masse nicht. Der Anblick ist auch nicht berauschend, und über allem lastet zusätzlich der vorwurfsvolle Blick meiner Mitbewohner: Der Teich gehört wieder einmal geputzt!
Mittlerweile ist, wie gesagt, alles sauber. Zwischen den oberen und den unteren Bildern wurde viele Wochen fleißig geputzt, und das beste daran ist, ich habe keinen Finger gerührt. Für die Arbeit hatte ich Hilfe, und damit meine ich nicht den Teichstaubsauger aus dem Baumarkt oder das Algenmittel aus dem Regal daneben, sondern ich spreche von zigtausenden kleinen Erdkröten-Kaulquappen, die in mühevoller Kleinarbeit die Algenmasse entfernt haben und davon kugelrund geworden sind.
Irgendwo zwischen den Steinen am Ufer ist immer gerade eine große schwarze Wolke fleißig beim Putzen, während ich daneben im Liegestuhl sitze, die Beine hochlege und meiner Lieblingsbetätigung fröne: Ich schaue zu.
Mittlerweile sind sogar die vorwurfsvollen Blicke meiner Familie verschwunden. Ich habe zwar noch kein Lob für die geleistete Arbeit bekommen, obwohl ich regelmäßig einstreue: Schau, wie sauber der Teich geworden ist. Aber das kommt schon noch, ich bleibe dran, und irgendwann in den nächsten zwei Wochen wird man dann auch wieder im Teich schwimmen können. Im Moment spürt man noch lauter kleine Kügelchen, wenn man mit der Hand durchs Wasser streicht, aber bald ist die Metamorphose der Kaulquappen abgeschlossen, und dann gehört die Acht-Meter-Schwimmbahn wieder mir.
Man findet im Netz viele Tipps gegen Algen im Teich, meist mit einem Bestelllink für irgend ein mehr oder weniger teures Gadget, aber die einfachste Lösung für einen naturnahen Teich lautet: Algen gehören in einem bestimmten Umfang dazu. Sie binden die überzähligen Nährstoffe, und indem sich die Kaulquappen damit den Bauch vollschlagen, bevor sie Ende Mai den Teich verlassen, verschwindet auf diesem Weg ein Teil der Nährstoffe auch wieder aus dem Wasser. So ist es in jedem naturbelassenen Tümpel der Umgebung, wo man oft beeindruckend klares Wasser ohne Algen findet, und im Gartenteich ist es genauso, sobald sich das natürliche Gleichgewicht eingespielt hat.
Die Kaulquappenmasse lässt sich übrigens nur schwer fotografisch darstellen. Am Schluss noch ein kleines Bild, das quasi die analoge Umsetzung des Computerspielklassikers Snake darstellt. Die betroffene Fläche umfasst zirka drei Meter im Quadrat und die schwarze Schlange ist ein Schwarm von Kaulquappen, die sich ihren Weg durchs Wasser bahnen.