Kröten zu Ostern

Zu Ostern habe ich meine eigenen Traditionen. Während andere Eier färben, Schinken essen und in die Kirche gehen, sitze ich am Teich, genieße die erste warme Frühlingssonne und schaue den Erdkröten beim Schwimmen zu.

Warum findet die Erdkrötenpaarung bei uns eigentlich immer vor Ostern ihren Höhepunkt? Ist das Zufall, oder gibt es einen kausalen Zusammenhang für den zeitlichen? Ich dachte ja immer, die Wandertätigkeit der Erdkröten hängt mit dem Wetter zusammen. Sobald der Boden nicht mehr gefroren ist und die Temperaturen in der Nacht merkbar über dem Gefrierpunkt liegen, machen sich die Tiere auf den Weg. Mit Vorliebe bei Regenwetter.

Tatsächlich variiert die Witterung genauso wie das Datum für das Osterfest. Dieses Jahr war der Februar mild. Der Teich ist seit zwei Monaten nicht mehr zugefroren. Sobald das Eis weg ist, sitzt das erste Krötenpärchen im Teich und klammert. Das sind wahrscheinlich die Ortsansässigen, die das ganze Jahr über im Garten wohnen. Mit dem Ablaichen lassen sie sich dann aber wochenlang Zeit. Erst wenn alle da sind, meist in der Karwoche, winden sie innerhalb weniger Tage die schwarzen Laichschnüre um Pflanzenreste.

Der Kirchenkalender ist ihnen sicher egal, aber da Ostern immer auf den ersten Sonntag nach dem Vollmond im Frühling fällt, lautet die Verabredung der Erdkröten vielleicht: Wir treffen uns im Frühling, wenn der Mond aufgeht. Dieses Jahr fand das Laichgeschehen genau in der Woche vor dem heutigen Vollmond statt.

Das würde ich jetzt gern durch wissenschaftliche Belege untermauern, aber in der Literatur findet sich zum Zusammenhang zwischen Mondphasen und dem Fortpflanzungszyklus der Exposivlaicher relativ wenig.1 Dabei ist die Idee nicht so abwegig. Sogar die augenlosen Korallen im Great Barrier Reef sind in der Lage, ihre Spermien und Eizellen synchron auszustoßen, und sie orientieren sich dabei am Licht des Mondes. Warum sollten die Erdkröten es nicht genauso halten?

Wer weiß, vielleicht war Ostern ursprünglich als Fest der Kröten gedacht. Bei uns im Garten ist es das jedenfalls seit vielen Jahren, aber ich verstehe schon, dass das Marketing mit flauschigen Hasen und bunten Eiern besser funktioniert.


  1. Eine der wenigen Arbeiten zum Thema ist von Rachel Grant: Lunar phase as a cue for migrations to two species of explosive breeding amphibians
    http://dx.doi.org/10.1007/s10344-020-01453-3
    ↩︎

5 Kommentare zu „Kröten zu Ostern

  1. Für mich klingt das logisch. Momentan konzentriert sich ja sämtliche Forschung auf den Klimawandel. Was ja auch in vielen Fällen richtig ist. Zugvögel ziehen kürzer und später oder sparen sich die Zieherei ganz. Die Vegetationsperiode verlängert sich nach hinten (ok) und vorne (najaaaa, kann ich jetzt so nicht bestätigen, auch wenn alle auf den Zug aufspringen). Mondphasen, Sonnenstand und Tageslichtdauer, werden dabei grob vernachlässigt. Aber wie verabreden sich Bäume zum Mastjahr alle paar Jahre? Die Knospen werden schon im Vorjahr angelegt. Muss das Vorjahr dazu besonders trocken sein, wie 2022 oder total verregnet wie 2023? War es besonders trocken wird schnell mal behauptet: Die sind im Stress und geben ihre letzte Kraft in den Nachwuchs. Klar ist: Pflanzen einer Art blühen alle gleichzeitig drauflos. Sonst würde das mit der Bestäubung nicht klappen. Klar ist auch, das Mastjahr, ist eine Strategie gegen Fressfeinde. Wenn Du mehr Eicheln produzierst als die Schweine fressen können, bist Du als Eiche auf der sicheren Seite. Für die Massenablaicher gilt sinngemäß das gleiche. Die Molche in deinem Teich fressen Kröteneier, aber irgendwann ist auch der fetteste Molch satt. Zum Aufwachen brauchen sie vielleicht eine bestimmte Bodentemperatur, aber für die sichere Verabredung zum Laichen dann doch eher ein anderes Signal. Kröten, Bäume und Korallen existieren schon länger auf der Welt als Vögel und Säugetiere.
    2013 war vor Ostern noch alles schockgefrostet und ich mit reichlich angepissten „Birdern“ unterwegs an den Meißendorfer Teichen. Keine Zugvögel, keine Reptilien und auf Amphibien habe ich nicht geachtet. Wäre jetzt mal interessant zu gucken, ob die Kröten in Norddeutschland vielleicht eine andere Mondphase bevorzugen.

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    1. Irgendwelche Signale wird es wohl geben. Der Mond ist eine einfache Variante, die sich auch recht leicht untersuchen lässt. Bei den Korallen kennt man sogar das lichtempfindliche Gen, das den Botenstoff produziert. Bei denen kann man die Abläufe im Aquarium ganz genau steuern, und so hat man das neulich herausgefunden.
      Bei den Amphibien kann ich mir Ähnliches vorstellen. Der Mond ist vielleicht nur ein erstes Orientierungsmittel, der Rest ist soziale Interaktion. Wenn alle da sind, geht es los. Ein Pärchen kann sich im Datum irren, den falschen Vollmond erwischen, aber die Gruppe liegt richtig, und am Ende entscheiden alle gemeinsam, dass es jetzt so weit ist.

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