Bevor ich in den Garten gehe, werfe ich im Vorhaus immer einen kurzen Blick nach links. Meist sitzt dort eine Amsel auf dem Fensterbrett und schaut mich durch die Scheibe neugierig an. Ihr Interesse an meiner Person beschränkt sich dabei auf das Einhalten der Fluchtdistanz. Sie scheint genau zu wissen, dass ich ihr durch die Scheibe wenig anhaben kann. Da darf ich nahe an sie heran. Bin ich im Garten und lasse die Kamera klacken, gibt sie mir ungefähr zwei Meter, dann flüchtet sie – ins Innere des Feuerdornstrauchs.
Dem Mittelmeer-Feuerdorn vorm Fenster beziehungsweise seinen Beeren gilt im Moment ihr Hauptinteresse. Unsere Amsel frisst anscheinend den ganzen Tag nichts anderes und bewegt sich dabei kaum vom Fensterbrett weg. Der Beweis dafür liegt dort haufenweise herum.
In der Wikipedia steht, dass die Früchte des Mittelmeer-Feuerdorns im Spätwinter gern von Amseln gefressen werden. Das kann ich jedenfalls bestätigen. Mit Spätwinter ist wahrscheinlich gemeint, dass die Beeren eingefroren und wieder aufgetaut sein müssen, um halbwegs weich und genießbar zu sein. Dass es dabei zu „Verdauungsverbreitung“ kommt, kann ich wiederum nicht bestätigen. Die Verdauungsendprodukte schaffen es bei uns gerade einmal aufs Fensterbrett.
In der Wikipedia steht auch, dass die Amsel das Fruchtfleisch bevorzugt, während der Grünfink auf die Samen spezialisiert ist. Wie der Grünfink es fertig bringt, an die Samen zu kommen, ohne das Fruchtfleisch zu fressen, steht wiederum nicht in der Wikipedia. Er wird die Beeren ja kaum durch eine Amsel laufen lassen.
Während die Samen leicht blausäurehältig und deshalb giftig sind, kann man das Fruchtfleisch bedenkenlos essen. Man kann es aber auch lassen. Die Beeren sind von mehliger Konsistenz und schmecken nach nichts. Ich habe sie probiert. Den Kern habe ich dabei vorsichtshalber ausgespuckt. Das wäre übrigens für den Grünfink eine gute Gelegenheit gewesen, einmal an einen halbwegs sauberen Feuerdorn-Samen zu kommen, aber anscheinend war gerade kein Grünfink in der Nähe.