Bei uns fiel Anfang Dezember Schnee, und der blieb bis in den März hinein liegen. Auch der Gartenteich war mehr als drei Monate durchgehend tragfähig zugefroren. So Winter wie diesen Winter war schon lange nicht mehr Winter. Dementsprechend wenig war im Garten los. Alles ruhte unter einer dicken, weißen Schicht, wie auf folgendem Bild zu sehen ist:

Dieses Foto habe ich durchs Fenster aufgenommen. Ich kenne einige Leute, die regelmäßig Rehe im eigenen Garten sehen, aber die wohnen am Waldrand und haben keinen Zaun rund ums Grundstück. Unser Garten ist mitten in Dorf. Und dann steht da plötzlich zu Mittag ein Reh und knabbert an unseren Rosen. Das zweite Foto war das erste und ist wegen dem Fliegengitter technisch misslungen, aber es gibt die Situation realistischer wieder:

Wer genau schaut, sieht rechts oben die Füße einer Person, die auf Nachbars Terrasse sitzt. Und über den Zaun muss das Reh gekommen und zehn Minuten später auch wieder gegangen sein. Was tut man nicht alles auf der Suche nach Nahrung, wenn der Winter lang ist.
Ich habe übrigens nur Fotos durchs Fenster. Der Garten ist nicht groß genug für uns zwei. Dieses Reh hatte eine Fluchtdistanz, die deutlich größer war als unser Garten lang. Wir haben im Haus gewartet, bis es in Ruhe wieder verschwunden ist. Zurück blieben nur ein paar Spuren im Schnee.
Und wenn jetzt jemand fragt, ob wir vom Klimawandel ausgenommen sind: Auch bei uns war dieser Winter einer der wärmsten in der Aufzeichnungsgeschichte. Des Rätsels Lösung, wie das zusammen passt, ist konsequente Inversionswetterlage im Klagenfurter Becken. Auf dem Berg war es oft bis zu 20 Grad wärmer als im Tal. Ich konnte das selbst auf einer nächtlichen Fahrt über die Pack beobachten. Oben zeigte das Thermometer plus zehn Grad und unten minus sieben. Dazwischen lagen 30 Kilometer horizontal und 600 Meter vertikal.
Wenn der Wind die kalte Luft nicht aus dem Becken treibt, bildet sich oben eine Dunstschicht, die die gesamte Sonneneinstrahlung reflektiert. Der Talboden wärmt sich nicht, und so hatten wir einen Winter mit durchgängigen Minustemperaturen. Zu Silvester ging beispielsweise eine Warmfront übers Land, in Wien hatte es 17 Grad, bei uns knapp unter Null. Rundum spielte das Wetter verrückt, und wir hatten Winterpause. Aber wenigstens hat der kalte, graue Winter unter der Schneedecke den Rosen gut getan.