Ein juristischer Rat

Das Bezirksgericht Traun hat diese Woche nach einem zweijährigen Rechtsstreit ein Urteil gesprochen, das für Aufsehen sorgt. Zum ersten Mal wurde in Österreich eine beklagte Partei wegen zu lauten Froschquakens verurteilt. Der Nachbar fühlte sich im Schlaf gestört und hatte den Prozess angestrengt. Das Gericht bestellte unter anderem einen Lärmschutztechniker, der mehrere Tage vor Ort weilte und ein Gutachten verfasste, auf dessen Grundlage der Schwimmteichbesitzer schließlich schuldig gesprochen wurde.

Für die Lösung des Problems hatte der Anwalt der klagenden Partei einen bemerkenswerten Vorschlag parat. Der Verurteilte solle einen Froschschutzzaun um den Schwimmteich legen, der verhindert, dass neue Frösche zuziehen. Man beachte die feine semantische Ironie in der Umdeutung des Wortes Froschschutzzaun. Diese Vorrichtung wurde eigentlich zum Schutz von, nicht vor Fröschen entwickelt. Eher mit der Brechstange ist dieser Rat aber, was die juristische Konsequenz betrifft. Amphibien stehen unter striktem Naturschutz. Es ist alles verboten, was die Tiere in ihrer Fortpflanzung hindert. Da der Schwimmteich seit 20 Jahren existiert, ist davon auszugehen, dass hier zahlreiche Arten betroffen sind. Sollte der Nördliche Kammmolch darunter sein, würde ein entsprechender Zaun sogar gegen EU-Recht verstoßen, denn diese Art steht in der Fauna-Flora-Habitat-Richtlinie.

Philosophisch gesehen sind solche verfahrenen Situationen ein Dilemma, juristisch gesehen ist das eine dauerhafte Einnahmequelle, für den Normalverbraucher ist es eine Chuzpe, und für den Naturschutz eine Katastrophe, die sich durch die unsachgemäße Berichterstattung in ihrer Wirkung noch vervielfacht. In der Zeit im Bild vom 7. August um 19:30 war der Beitrag die humoristische Meldung zum Schluss. Man fragt sich allerdings, was an Prozesskosten von 30.000 Euro, die der Beklagte jetzt zu zahlen hat, lustig sein soll, vor allem, wenn man die Konsequenzen für den Artenschutz bedenkt. Wer das Geld statt für Rechtsstreitigkeiten lieber für andere Unterhaltungsmöglichkeiten ausgibt, greife zur Schaufel und schütte sein Biotop schleunigst wieder zu.

Versagt hat hier nicht nur die nachbarschaftliche Bereitschaft, Konflikte amikal im Gespräch zu lösen. Hier sind meiner Meinung nach auch die Kommunen gefordert. Der Anwalt der klagenden Partei meinte gegenüber dem ORF: „Das Gericht hat festgestellt, dass sich die Frösche im Teich des Nachbarn explosionsartig vermehrt haben und zuletzt circa 50 Frösche den Teich besiedelt haben.“1

Man fragt sich mit Verlaub, wie das Gericht das festgestellt hat. In einem gut eingespielten Biotop, das seit 20 Jahren existiert, kann ich mir nur schwer vorstellen, wie mehr als eine Handvoll Kaulquappen pro Saison durchkommen können. Es wird wohl eher so sein, dass die Trockenheit der letzten Jahre alternative Laichgewässer versiegen hat lassen. Als Reaktion wandern die Frösche dann in großer Zahl in Siedlungsgebiete und bevölkern Schwimmteiche.

Wenn der Gesetzgeber den Naturschutz ernst meint, sollte er die Kommunen auch dazu anhalten, eine Mindestzahl an Laichgewässern für problematische Arten zu erhalten. Hier müsste es dann unbürokratisch möglich sein, bei der Naturschutzbehörde eine Übersiedelung von lärmenden Fröschen zu beantragen, bevor es zum Rechtsstreit kommt. Das würde die finanzielle Gefahr für Teichbesitzer minimieren und hätte einen Multiplikatoreffekt für den Artenschutz, weil man sich keine Sorgen machen muss, dass Froschlärm im eigenen Biotop zur Armutsfalle wird, aus der es auf legalem Weg eigentlich keinen Ausweg gibt. Wer Lösungen sucht, sollte bei Problemen mit Amphibien jedenfalls einen Herpetologen konsultieren und keinen Juristen, der in so einem Fall recht gut davon lebt, dass der Konflikt eskaliert.


  1. https://ooe.orf.at/stories/3316699/ ↩︎

22 Kommentare zu „Ein juristischer Rat

  1. Wie pervers ist das denn! Nicht nur, dass juristisch so ein Unfug möglich ist, sondern auch als menschliches Armutszeugnis. Hähnekrähen und Kuhglocken kannte man ja schon aber wann kommt dann wohl das Storchengeklapper und das Vogelgezwitscher an die Reihe? Bin ich froh, so weit draussen auf dem Land zu leben, dass die Nachbarn nicht auf dumme Ideen kommen.

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    1. Man ist schon kräftig erstaunt, was sich Nachbarn so alles antun können. Das wäre alles witzig, wären da nicht die Konsequenzen für den Naturschutz. Sei froh, wenn es bei euch friedlich zugeht. Bei uns ist es ähnlich. Wir haben ein gutes Auskommen mit allen rundum, und ich bin sicher, die kommen bei Problemen zuerst zu uns. Dass die Gerichtsbarkeit an einer vernünftigen Lösung interessiert ist, kann man jedenfalls nicht sicher sein. Da kommt manchmal, wie in diesem Fall, Unsinn heraus.

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      1. Wollte man böswillg denken, käme man auf die Idee, die juristische Maschinerei habe darin einen Selbstzweck zum Geldverdienen entwickelt. Es bleibt ja immer etwas hängen, auch bei Bagatellen.

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      2. Man ist versucht zu sagen: Ja, die Juristen schaffen sich den Bedarf nach ihrer Zunft selbst, aber natürlich hüte ich mich davor, so zu denken. Am Ende ist das noch klagbar. 😉

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  2. Ich wohne in der Flughafeneinflugschneise, Hauptstraße vorm Haus, zwei Autobahnkreuze in unmittelbarer Nähe, hinterm Haus ne Kiesgrube, die jetzt Wasserski-Anlage ist. Also: LAUT! Ich wollte in den 70ern einen Teich auf dem Riesengrundstück anlegen. Meine Mutter meinte, das gäbe Ärger mit den Nachbarn, wenn die Frösche quaken! Wir haben hier so gut wie keine Nachbarn. 🤔
    Es kann aber sein, dass in Deutschland damals schon die Rechtssprechung so war.
    Alternative: Meine Mutter wollte keinen Teich.
    Der Beklagte sollte sich Beistand bei Naturschutzverbänden suchen. Denn wenn das Schule macht, können alle Leute mit Kleinbiotop sich auf Klagen einstellen.
    Hier haben sie neue Einfamilienhäuser dicht gepackt um einen alt eingesessenen Reitstall gestellt und kaum waren die Neu-Rather eingezogen, haben sie gegen den Stall geklagt, weil der Misthaufen stinkt – und haben gewonnen. Der Stall musste Weg. War dann wieder ein Baugrundstück frei.

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    1. Ich habe das Gefühl, Technik darf immer lauter sein als die Natur. Flughäfen, Autobahnen und Industrieanlagen muss man tolerieren, Frösche nicht.
      Bei dem zitierten Prozess ist das letzte Wort noch nicht gesprochen, der geht in die nächste Instanz und Unterstützung kommt hier auch von Naturschutzverbänden.
      Das Beispiel mit dem Reitstall ist auch absurd. Man sollte meinen, dass Neuansiedler zuerst einmal erforschen, was rundum ist, bevor sie bauen.

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      1. Mein Haus wurde erbaut, da war von Flughafen Köln/Bonn noch nicht die Rede. Als ich Kind war, kam vielleicht ein Flieger am Tag. Jetzt fliegen die rund um die Uhr. Wer Nachtflugverbot fordert kriegt zu hören: „Aber das weiß man doch bevor man hier hin zieht.“ oder „Dann zieh doch einfach weg!“

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      2. Chronologie ist nicht jedermanns Sache. Flughäfen sind anscheinend weltweit unantastbar. In Wien wird auch die Welt untergehen, wenn Schwechat keine dritte Piste bekommt, da sind sich die Flughafenmanager sicher.

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    1. Danke! Das Foto ist von der Wiener Donauinsel, es zeigt einen Seefrosch. Das ist die Art, die auch in dem beschriebenen Gerichtsfall Thema war. Auf der Donauinsel gibt es jede Menge Seefrösche, die niemanden stören, weil rundherum nur Erholungsraum ist, aber so fein konfliktfrei getrennt sind Mensch und Natur halt selten. 😉

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    1. 😂 Ja, da wundert man sich, aber sie haben auch noch recht bekommen. Das kann der Beklagte jetzt lösen, indem er zum Beispiel die Frösche absiedelt. Das Gericht hat ihn quasi zu einer illegalen Handlung verurteilt. Wir sind ein Rechtsstaat der Schildbürger.

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    1. Dieses Jahr waren die Laubfrösche nur rundum in den Gebüschen und Bäumen laut. Den Teich haben sie gemieden. Ich vermute, das wird nächstes Jahr nicht anders sein. Außerdem ist die Lautstärke weit geringer als die in der Literatur kommunizierten 80 dB, und der Gesang konzentriert sich auf die Dämmerung. Keine Sorge, ich denke, wenn es Probleme gibt, wird sich auch eine Lösung finden. Ich vermute, dass niemand gleich zum Kadi läuft, das kann ja für beide Seiten teuer werden.

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