In unserem Holzschuppen brummt es im Moment wie in einem Bienenhaus. Die Steinhummelpopulation, die sich ganz hinten im Eck unter dem Brennholzstapel angesiedelt hat, erreicht gerade ihr Maximum. Zeitweise schwirren fünf, sechs Hummeln gleichzeitig rein oder raus. Manche von ihnen sind richtige Brummer, mehr als doppelt so groß wie die erste Generation der Arbeiterinnen.
Die älteren Hummeln kennen den Weg durch den Schuppen genau. Sie wählen immer den gleichen Zwischenraum durch die Front aus Ziegellatten und umfliegen geschickt die Spinnennetze im düsteren Schuppeninneren. Die anderen sind zögerlich und vorsichtig. Und das mit gutem Grund, denn überall lauern Spinnennetze. Zur Not kann eine Hummel zwar über ein Spinnennetz klettern, solange sie es nur mit den Beinen berührt und rechtzeitig weg ist, bevor die Spinne kommt. Aber wenn sie sich erst einmal in den Fäden verfangen hat, gibt es keine Rettung mehr. Der Tod kommt langsam, denn auch die Spinne ist vorsichtig. Wenn die Hummel zusticht, gibt es zwei Verlierer in diesem grausamen Wettstreit.
Bei all den Gefahren kann ich mir gut vorstellen, wie die Arbeiterinnen hinter ihrem Rücken über die Königin schimpfen: Was hat sie sich dabei nur gedacht? Einen dümmeren Platz hätte sie sich nicht aussuchen können! Dabei spricht der Erfolg für diese ungewöhnliche Wahl. Wir hatten diesen Sommer auch ein Erdhummelnest direkt unter dem Hausdach. Dort war bis Anfang Juli viel mehr los. Dann war plötzlich Schluss. Ich denke, die Hitze hat diesem Volk nicht gut getan. Im Gegensatz zu Honigbienen, Wespen und Hornissen habe ich noch nie Hummeln am Teich Wasser holen gesehen. Sie scheinen ihr Nest nur durch Belüftung zu kühlen, und insofern ist es wichtig, schon im März einen Platz zu wählen, der auch für den Sommer geeignet ist.
Eine andere Gefahr droht den Hummeln durch Wachsmotten und andere Parasiten. Die Spinnennetze sind also nicht nur Gefahr, sondern auch Schutz. Honigschlecken ist das Hummelleben trotzdem keines. Ich habe im Dunklen versucht, den Gegenverkehr vor dem Eingang zu fotografieren, und habe erst auf der Blitzaufnahme bemerkt, wie makaber der Weg ist, den die beiden Hummeln da zurück legen mussten. Am Boden verstreut liegen mehrere tote Artgenossinnen, über die man klettern muss, um ins Nest zu gelangen.
Im Gegensatz zu den Königinnen ist das Leben der Arbeiterinnen ziemlich kurz. Nach ein paar Wochen fallen sie der Erschöpfung zum Opfer und bleiben einfach liegen. Am Ende zählt aber auch nur, wie viele zukünftige Königinnen der Staat hervor gebracht hat, und dafür schaffen die Arbeiterinnen Pollen und Nektar heran bis zum Umfallen.
Spannend beschrieben. Könnte auch ein Krimi sein. Mir hat´s jedenfalls gefallen.
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Danke. Es ist aber auch ein bisschen gruselig. Der Natur fehlt oft die Nachsicht für das Individuum. Immer Vollgas voraus für die Arterhaltung.
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Toll erzählter Beitrag!
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Danke! Freut mich, wenn es gefällt.
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