Die Seerosenzünslerraupe

Die in Europa heimische Weiße Seerose macht sich in Gartenteichen meist unangenehm bemerkbar, indem sie alles überwuchert. Schöner und pflegeleichter sind die bunten Hybridformen, die 1900 auf der Pariser Weltausstellung einer breiteren Öffentlichkeit präsentiert wurden. Dort hat sie übrigens auch Claude Monet entdeckt und anschließend mehrere Sorten beim Züchter bestellt.

So schön wie auf Monets Bildern sehen Seerosen allerdings selten aus. Was wuchsfreudig ist, findet auch Abnehmer, und so sind die Blüten oft verlaust und die Schwimmblätter zerfressen. Im Sommer treiben zum Beispiel im Gartenteich überall kleine, nierenförmige Blatttaschen, die ein Geheimnis bergen.

Was man hier sieht, ist die Raupe des Seerosenzünslers. Das Falterweibchen heftet die Eier zunächst an die Unterseite eines Schwimmblattes, wobei es nicht sehr wählerisch ist. Neben der Seerose können auch Seekanne, Schwimmendes Laichkraut oder Wasserknöterich betroffen sein. Die Raupe frisst sich dann von unten durch das Blatt und miniert es. In dieser Phase ist die Larve hydrophyl, das heißt, sie wird vom Wasser benetzt und atmet durch die Haut.

Nach der zweiten Häutung wechselt die Raupe nach oben und frisst die wächserne Oberschicht des Blattes. Das Wachs scheidet sie über die Haut wieder aus und wird so hydrophob, also wasserabweisend. Gleichzeitig öffnen sich die Tracheen, und die Larve beginnt, Luft zu atmen. Zum Schutz bastelt sie sich den bereits erwähnten Köcher aus zwei Blattteilen, die sie mit Gespinst verklebt.

Unsereins würde ja in dieser Hülle relativ schnell am eigenen Kohlendioxid ersticken, aber der Seerosenzünsler hat in der Schule in Physik gut aufgepasst. Das ausgeschiedene CO2 löst sich im Wasser, dadurch entsteht ein Unterdruck und der saugt von der anderen Seite frische Luft an. Und weil die Seerose über ihren Stängel die Wurzeln mit Sauerstoff versorgt, funktioniert dieser Trick später auch unter Wasser, wenn die Raupe überwintert oder sich verpuppt. In dieser Phase verbeißt sie sich im Stängel und zapft den Gastransport der Pflanze an.

Das klingt raffiniert aber auch mühsam. Also warum tut sich so ein Seerosenzünsler das an? Diese Lebensweise schützt die Raupen vor Parasiten. Natürlich gibt es auch unter Wasser Fressfeinde, aber gut geschützt und getarnt im Blattköcher halten sich die Ausfälle in Grenzen.1


  1. Eine detaillierte Beschreibung findet sich in: Josef H. Reichholf: Schmetterlinge. Warum sie verschwinden und was das für uns bedeutet. – München 2018, S. 28-36 ↩︎

7 Kommentare zu „Die Seerosenzünslerraupe

    1. Ja, was wächst wird auch gefressen. Beim Buchsbaumzünsler war das Problem, dass der aus Asien eingeschleppt wurde und keine Abnehmer hatte. Aber mittlerweile gibt es erste Singvögel, die diese Nahrungsquelle erschließen. Bis sich das einrichtet, leidet der Buchsbaum. Bei uns sind die meisten verschwunden bzw. wurden gefressen. Bei den Seerosen ist da keine Gefahr, die können den Fraß aushalten.

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    1. Sind diese wuchernden Seerosen weiß? Die europäische Weiße Seerose ist die einzige heimische Art, die anderen sind meist in wärmeren Regionen beheimatet. Deshalb sind die bunten Sorten Hybride, halb tropisch, halb europäisch. Wir haben die drei verschiedenen Farben wie auf den Fotos seit fast zehn Jahren, die sind relativ harmlos. Am ehesten verdrängt die hellrosa Art. Bunte, kräftige Farben sollten immer passen. Die wuchern nicht.

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  1. Wow!
    Was für eine interessante und ausführliche Beschreibung dieses Zünslers.
    Ich habe gesehen, dass sie eine willkommene Aufzucht Nahrung für die Wiesenstelze sind.
    Die leichtgewichtigen Eltern brauchen sich nur auf die Seerosenblätter zu setzen und pick pick pick ist der Schnabel voll.
    Faszinierend 😊
    Die Natur sorgt für alle ihre Kinder.
    Man muss sie nur lassen und nicht alles besser wissen wollen wie der Homo sapiens.

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    1. Ja, es ist alles gut versorgt, solange das Gleichgewicht passt. Brütende Wiesenstelzen haben wir natürlich keine im Garten, aber Abnehmer für die Raupen und später vor allem für die Falter gibt es genug. Die Seerosen sind manchmal zerfressen, aber auch denen geht es gut.

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