Letztes Wochenende hat sich, so wie im vergangenen Jahr, wieder einmal ein Entenpärchen in unseren Gartenteich verirrt. Die beiden schwammen synchron. Zuerst folgte sie ihm, dann er ihr, und am Ende waren sich beide einig, dass der Fotograf stört. Leise schnatternd mahnten sie zum Aufbruch und erhoben sich zeitgleich aus dem Wasser.
Nicht immer geht es bei Enten so harmonisch zu. Sie zählen zu den wenigen Vogelarten, wo die Männchen über einen Penis verfügen. Er ist spiralförmig und im Maximalzustand oft länger als das Tier. Erpel können dieses Organ auch gewaltsam einsetzen. Immer wieder beobachtet man, dass Männchen ungestüm über Weibchen herfallen und sie zur Paarung zwingen.
Normalerweise verhält sich der Erpel aber friedfertig und versucht das Weibchen mit Charme zu überzeugen. Das ließ sich aus evolutionsbiologischer Sicht lange nicht erklären, denn wenn man davon ausgeht, dass jedes Individuum bestrebt ist, sich mit möglichst wenig Aufwand zahlreich fortzupflanzen, und wenn man außerdem annimmt, dass sich Einstellungen vererben, dann müsste sich doch das aggressive Verhalten durchsetzen.
Enten haben aber nicht nur einen beeindruckenden, ungewöhnlich geformten Penis. Auch das Gegenstück ist komplex. Die Vagina der Hennen ist in entgegengesetzter Richtung spiralförmig verdreht und hat sogar Sackgassen.1 Damit können sie anscheinend beeinflussen, welcher Erpel seine Gene zur Fortpflanzung bringt, und Entenweibchen bevorzugen offensichtlich grün schillerndes Kopfgefieder und ein friedfertiges Gemüt.
Literatur:
- Lucy Cooke: BITCH. Ein revolutionärer Blick auf Sex, Evolution und die Macht des Weiblichen im Tierreich. – München 2023, S. 166ff ↩︎



Das war ja heute mal richtig lehrreich. Ich habe schon öfter gesehen, dass sich mehrere Erpel auf eine arme Ente stürzen, und versuchen sie zu vergewaltigen. da ist dann nicht mehr viel mit Charme.
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Danke! Was man halt so in Büchern findet. Angeblich sind die Erpel in der Überzahl, daraus ergeben sich Junggesellengruppen, und die verhalten sich dann halt so, wie von dir beschrieben. Lehrreich ist auch, dass die Biologie die Anatomie der Weibchen lange Zeit vernachlässigt hat.
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Weibliche Anatomie vernachlässigen ja bei Menschen auch üblich. So sind Crash-Test Dummies an die Anatomie von erwachsenen Männern angepasst und Medikamente auch.
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Ja, es zieht sich mit gewisser Auffälligkeit durch die Wissenschaften. 😉 Aber es wird besser, und das ist auch eine Chance für viele neue Erkenntnisse, wenn mehr weibliche Perspektive zum Zug kommt.
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Auf jeden Fall war dies ein friedfertiges schönes Pärchen. Es wäre je schön, wenn hier auch die Küken ausschlûpfen würden..
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Die sind natürlich niedlich, aber für mehr als einen Ausflug ist der Teich nicht geeignet. Die Küken fliegen ja nach der Brut nicht gleich weg, die können nur schwimmen, und dann ist da noch Nachbars Katze. Die beiden haben in der Umgebung sicher bessere Plätze für die Brut.
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Danke. So hoffen wir, daß die beiden für ihren Nachwuchs etwas Geeigneteres finden.🩵🍀
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Es wäre ja schön…
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Schön zu sehen, dass ihre Verhalten auch mal der anmutigen und freundlichen Art ihrer Linien und ihres Gesichts gleicht. Mensch ist ja nun mal so ein interpretierfreudiges Wesen, und Entendarstellungen zu sammeln rührt ja eher daher von diesen optischen Anmutungen. Als ich vor Jahren solche rüpelhaften männlichen Stockenten-Überfälle auf Weibchen sah, war ich entsetzt, allerdings scheint in der Tierwelt die Sexualität mit direktem Kontakt diesen „Kunstgriff“ der Gewalt und von gewissen Schmerzerfaheungen als Mittel zum Erreichen der Ziele stark verankert zu haben. Letztens sah ich einen TV-Film (arte) über die kleine Nandu-Population in Norddeutschland und auch bei denen gehörte eine Schnabelbeisserei dazu, bei deren Anblick man sich fragt, wozu das gut sein soll. Aber die berühmten Schmetterlinge im Bauch sind ja auch identisch mit dem Angstkribbeln im Solarplexus.
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Wie die Natur die Wege zum Fortpflanzungserfolg sucht, ist sehr unterschiedlich. Irgendwie logisch, dass auch Gewalt eine rolle spielt. Gleichzeitig beeindruckend, dass es noch viel öfter aufwändige Werbungsrituale sind. Und bei all dem muss man natürlich den menschlichen Filter ausblenden, um die Zusammenhänge zu verstehen.
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Bei letzterem bin ich mir nicht so sicher: den Moralfilter ja, aber die Selbstkritik beim Beobachten der menschlichen Präferenzen sollte man nicht ausser Acht lassen, um manche davon besser zu verstehen.
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Die Emotionen würde ich auch nicht aus dem Blick lassen. Die helfen bei der Erkenntnis, und wahrscheinlich haben auch Tiere welche. Aber Moral verstellt uns oft den Blick, kommt mir vor.
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Dem stimme ich zu. Bei Wertungen gegenüber dem Tierreich ist die Menschheit vielfach weltanschaulich konservativ abgrenzend gesinnt.
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Das war mir nicht bewusst, danke für den Hinweis.
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Gerne! Freut mich, wenn ich was Neues bieten konnte.
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Puh, bin ich froh, dass ich eine Meise bin und keine Ente! 😉
Liebe Grüße,
Syntaxia
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Ja, da hast du Glück gehabt. 😉
Liebe Grüße
Richard
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Das ist ja wirklich sehr interessant! Wir haben seit dem letzten Jahr einen Pool, eher Schwimmteich und kurz nachdem wir die Abdeckung heruntergenommen haben, hat sich auch ein Entenpärchen hier niedergelassen. Ich habe mich schon gewundert, da mir die beiden manchmal etwas „unfreundlich“ zueinander vorkamen.
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Ja, die Beziehungen der Geschlechter gehen im Tierreich manchmal seltsame Wege. Von Lucy Cooke gibt es dazu ein recht unterhaltsames Buch mit dem Titel „Bitch“. Da hatte ich auch ein paar Infos zu den Enten her (siehe Fußnote im Beitrag).
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