Bad hair day

Buchfink Jungvogel

Ohne die Elterntiere hätte ich diesen Jungvogel nur schwer bestimmen können. Er war wahrscheinlich gerade erst dem Nest entflogen und wirkte noch so durcheinander wie seine Frisur.

Der Buchfink ist bei uns im südlichen Mitteleuropa fast ausschließlich Wintergast. Sobald das Wetter im Norden umschlägt, fällt er in Gruppen ein. Aber es gibt auch eine kleine Standpopulation, die hier brütet.

Für diesen Jungvogel ging es bei einem seiner ersten Ausflüge an den Teich. Bei der Hitze ist Flüssigkeitsaufnahme das wichtigste. Dann wurde für den Fotografen posiert, und anschließend flog er zurück in die Bäume. Dazwischen wurde fleißig gefüttert, aber das ging so schnell, dass ich mit dem Abdrücken nicht nachkam. Mit so einer Sturmfrisur hat man es in allen Belangen eilig.

Der Name der Wacholderdrossel

Wacholderdrossel

Diesen Winter konnte ich mehrmals einen beeindruckenden Schwarm von bis zu 30 Wacholderdrosseln beobachten, die sich in Nachbars Garten über die auf dem Baum verbliebenen Äpfel hermachten. Das brachte mich zu der naheliegenden Frage, warum diese Vögel wohl Wacholderdrosseln heißen, wenn sie Äpfel bevorzugen und den Wacholder ignorieren.

Nicht die Vögel mögen Wacholder, sonder wir sie mit diesem. Bis zu Beginn des 20. Jahrhunderts war das zumindest so. Die Rezepte, von denen eines im Wikipediaeintrag steht, wirken brutal und abschreckend. In einem alten Lexikon fand ich dann auch noch den Hinweis, dass beim Durchzug allein in Ostpreußen manchmal eine Million Vögel gefangen wurden.

Lexikoneintrag Wacholderdrossel

Das mag heute schockieren, aber die Leute hatten damals nicht nur Hunger, sondern auch so unglaublich viele Singvögel, dass sie eine ganze Million von einer Art entnehmen konnten, ohne den Bestand zu gefährden. Heute, wo ich einen Schwarm von 30 Wacholderdrosseln schon beeindruckend finde, essen wir keine Singvögel mehr, aber dafür entziehen wir ihnen die Lebensgrundlage. Das wirkt nur humaner, ist aber nicht besser.

Die Wacholderdrossel ist übrigens fast gleich groß wie eine Amsel. Trotzdem konnte das hier im Beitrag gezeigte Exemplar ohne Probleme sieben Amseln so lange von den Äpfeln weghalten, bis es selber satt war. Im Zweikampf ist eben Muskelmasse wichtiger als Größe, und beim Gewicht liegt die Wacholderdrossel deutlich vorne. Auch das zeigt den Luxus früherer Zeiten. Man hat nicht die häufigste Drossel für den Verzehr gewählt, sondern die mit dem meisten Fleisch auf der Brust.

Unsere Amseln haben das Problem mit Geduld ausgesessen und gewartet, bis der Eindringling weg war. Danach waren immer noch genug Äpfel übrig, wie man auf dem letzten Bild sehen kann.

Amsel

Die Rotkehlchen kommen

Rotkehlchen

Seit der Herbst da ist, sind die Rotkehlchen die häufigsten Vögel in unserem Garten. Den ganzen Sommer über habe ich kein einziges gesehen. Rotkehlchen bevorzugen halboffene Höhlen als Nistplätze, und natürlich habe ich einen geeigneten Nistkasten im Garten montiert, aber bislang blieb er unbenützt.

RotkehlchenIm Winter sehe ich fast jeden Tag ein einzelnes Rotkehlchen. Es ist schätzungsweise immer dasselbe. Nicht dass ich ein Rotkehlchen vom anderen unterscheiden könnte, aber es zieht mehrmals am Tag mit einer Bande von, sagen wir, zehn Feldspatzen, zwei Hausspatzen, zwei Blaumeisen und fünf Kohlmeisen vorbei. Während die anderen Vögel die Futtersäule ansteuern, interessiert sich das Rotkehlchen für den Komposthaufen. Es ist ein geschickter Jäger und findet dort auch im Winter verschiedene Krabbeltiere. Das Körnerfutter wird meist verschmäht.

Rotkehlchen gelten als Einzelgänger, die ihr Revier oft aggressiv verteidigen. Wenn der Frühling kommt, sieht man allerdings hie und da einen zweiten Vogel. Welcher von beiden das Männchen und welcher das Weibchen ist, lässt sich leider nicht unterscheiden. Das könnte man maximal am Verhalten erkennen. Im Normalfall kommt das Weibchen ins Revier des Männchens und nähert sich ihm unterwürfig. Irgendwann haben sich dann die Pärchen gefunden, und anschließend sind sie, wie gesagt, den ganzen Sommer über verschwunden.

RotkehlchenMan könnte fast meinen, die Rotkehlchen wären Zugvögel, und zum Teil sind sie das ja auch. Die Populationen aus Nord- und Osteuropa überwintern im Mittelmeerraum. Bei uns in Mitteleuropa sind sie jedoch sesshaft und ziehen maximal über kurze Strecken.  Am wahrscheinlichsten ist, dass die umliegenden Wälder im Sommer ein besseres Nahrungsangebot für die Aufzucht der Jungen bieten. Im Herbst dann, wenn der Speiseplan mit Beeren und anderen Früchten ergänzt wird, zieht es die Familien in die Gärten. Bei uns werden mit Vorliebe der Wilde Wein und die Pfaffenhütchen abgeerntet.

Von Einzelgängern kann im Moment übrigens nicht die Rede sein. Es sind immer mehrere Vögel gleichzeitig unterwegs. Sie sind genauso gesellig und kommunikativ wie die anderen Singvögel, melden sich gegenseitig ihre Position und meiden geschickt jeden Kontakt mit Katzen und anderen Gefahren. Es heißt, Rotkehlchen hätten eine kurze Fluchtdistanz. Von weniger als einem Meter liest man. Ich kann das nicht bestätigen. Unsere Rotkehlchen sind scheu und sie verstecken sich geschickt. Nur manchmal verrät sie ihr orangeroter Latz.

Rotkehlchen

Und sie sind neugierig. Sie beobachten uns genau so aufmerksam wie wir sie. Menschen neigen nämlich im Herbst dazu, ihre Beete umzugraben oder neue Pflanzen einzusetzen. Bei uns kann man im Moment fast sicher sein, dass dann ein Rotkehlchen irgendwo im Gebüsch sitzt und darauf wartet, dass ein Leckerbissen aus der Erde auftaucht.

 

 

Die Innenarchitektur der Singvögel

Vogelnest

Einmal im Jahr werden die Nistkästen geleert und geputzt. Vögel leiden oft unter Milben, Zecken und anderen Parasiten, deshalb ist es wichtig, den Kasten immer sauber zu halten. Viele Arten brauchen auch einen leeren Brutplatz, weil der Nestbau zum Paarungsverhalten dazu gehört.

Blaumeisennest

Normalerweise sieht das alte Nest so aus wie bei den Blaumeisen dieses Jahr. Moos und Flaumfedern sind zu einer weichen Mulde verarbeitet. Wir hatten aber bei den Blaumeisen zusätzlich zur gewohnten Unterlage schon einmal einen Kranz feinster rosa Polsterwolle. Man legt als Vogel ja auch Wert auf Dekoration.

Im Nistkasten der Kohlmeisen war einmal eine homogene, fünf Zentimeter hohe Moosschicht. Das Moos schien nach der Brutzeit nicht einmal vertrocknet und wirkte mehr wie lebendiger Waldboden. Nur ganz hinten war eine kleine Vertiefung, die an ein Vogelnest erinnerte.

Richtige Innenarchitekturfreaks sind aber die Hausspatzen. Keine Ahnung, in welchem Einrichtungshaus sie das aufgeschnappt haben, aber seit zwei Jahren besteht ihr Nest ausschließlich aus langen, trockenen Grashalmen und den durchsichtigen Hüllen von Zigarettenpackungen.

Vor allem das Männchen fliegt immer wieder frisches Material herbei. Es ist schon praktisch, dass gegenüber ein Geschäft mit einem Zigarettenautomaten ist. Der Papierkorb davor birgt richtige Schätze. Auf den Kompost kann die Konstruktion jedenfalls nicht. Man muss sie im Restmüll entsorgen. Die Müllsammlung kann seltsame Wege gehen.

Plastiknest

Nachtrag 2024: Zum ersten Mal seit acht Jahren fand ich in diesem Jahr nur noch Grashalme als Nestmaterial im Kasten der Hausspatzen. Nicht nur, dass das Cellophan der Zigarettenpackungen fehlte, es waren auch drei unbebrütete Eier im Nest. Die zweite oder dritte Brut wurde vor dem Sommer aufgegeben. Anscheinend ist ein neues Pärchen eingezogen, das die Tradition aufgegeben hat, sich das Nistmaterial beim Abfallkorb gegenüber zu holen.