Noch mehr Hüpfer

Große Schiefkopfschrecke

Subjektive Urteile sind immer mit Vorsicht zu genießen, weil man mehr Aufmerksamkeit ins Suchen investiert, sobald man einmal mit dem Finden begonnen hat, trotzdem wage ich zu behaupten, dass bei uns dieses Jahr deutlich mehr Heuschrecken unterwegs waren. Zunächst fielen mir die vielen Grashüpfer auf, dann habe ich alte Bekannte wiedergesehen wie das Grüne Heupferd und die Gemeine Strauchschrecke auf den ersten Bildern.

Auch die sehr schöne Laubholz-Säbelschrecke ist regelmäßig Gast im Garten. Dieses Exemplar saß mir im Juli sogar Porträt und schielte direkt in die Makrolinse. Der Gesichtsausdruck entsteht wahrscheinlich, wenn man sich vom falschen Grünzeug ernährt.

Die Begegnung mit den neuen Arten verdanke ich zu einem Teil der fortschreitenden Erwärmung, wie die nächsten Fotos zeigen. Zunächst sieht man eine Vierpunktige Sichelschrecke kopfüber an einem ramponierten Mangoldblatt hängen. Das Foto ist von Anfang Oktober. Die beiden anderen Bilder sind vom August und zeigen eine weibliche und eine männliche Große Schiefkopfschrecke. Den Geschlechtsunterschied erkennt man bei den Langfühlerschrecken immer an der Legeröhre. Der Körper der Weibchen wirkt bei manchen Arten durch diesen Fortsatz deutlich länger.

Für die Vierpunktige Sichelschrecke galt früher der Alpenhauptkamm als nördliche Verbreitungsgrenze. Mittlerweile findet man die Art auch schon in Süddeutschland. Die Große Schiefkopfschrecke – das Attribut ist wahrscheinlich so eine Aufwertung wie bei den russischen Zaren, kleine Variante gibt es keine – hat den Weg nach Norden etwas später angetreten. Mittlerweile findet man sie an Bodensee und Rhein.

Bei uns im südkärntner Garten sind sie mir dieses Jahr zum ersten Mal untergekommen, und der in den Oktober verlängerte Sommer wird wohl seinen Teil dazu beitragen, dass sie sich erfolgreich vermehren. Die Imagines dieser Art sind geschickte Flieger. Ich entdecke sie immer, wenn sie zwischen den Bäumen und Sträuchern durch die Luft schwirren. Mit der Klimaerwärmung können sie so gut Schritt halten und schaffen es von Generation zu Generation ein Stück weiter in den Norden.

Ein Hüpfen wie damals

Gemeiner Grashüpfer

Eine meiner Kindheitserinnerungen ist, dass ich in der Sommerhitze einen geschotterten Feldweg entlanggehe, und bei jedem Schritt springen mehrere Grashüpfer in fächerförmigen Richtungen davon.

Dieses Jahr scheint für die Grashüpfer ein gutes gewesen zu sein. Sie begegneten mir nicht nur bei Spaziergängen, sondern auch im Garten. Manchmal ertappte ich mich dabei, dass ich bewusst durch die Wiese spazierte und mit den Füßen links und rechts die kleinen Hüpfer aufzuschrecken versuchte. Das hat sie sicher genervt, aber was tut man nicht alles für den Hauch einer Kindheitserinnerung.

Neben der günstigen Witterung im diesjährigen Sommer kommt den Grashüpfern sicher auch zugute, dass ich die Wiese – wenn überhaupt – mit einem händischen, altmodischen Spindelmäher mähe. Der schreddert die Insekten nicht, abgesehen davon dass sie es bei meinem Arbeitstempo sowieso rechtzeitig in die nächste Wieseninsel schaffen.

Auf den Fotos sieht man den Gemeinen und den Braunen Grashüpfer. Ersterer bevorzugt die kühleren, schattigen Plätze in der Wiese, während sich der Braune Grashüpfer gern auf Steinboden wärmt. Er sitzt auch im Garten mit Vorliebe am Wegesrand und erfreut mich beim Vorbeigehen mit seinem Hüpfen.

Was frisst ein Pferd?

Grünes Heupferd

Das Grüne Heupferd ist in Europa weit verbreitet. Es kommt bei uns im Süden genauso vor wie oben im Norden. Beeindruckend ist seine Größe. Der Körper selbst misst bis zu 42 Millimeter, dazu kommt bei den Weibchen die bis zu 32 Millimeter lange Legeröhre, und über diese ragen die Flügel noch ein gutes Stück hinaus. Wenn einem so ein Heupferd über den Weg fliegt, denkt man unwillkürlich an ein tropisches Insekt, dabei ist es nur in Europa und Asien beheimatet.

Aber was frisst eigentlich so eine Riesenheuschrecke? Im Garten gibt es ja zwei Sorten von Insekten: die nützlichen und die sehr nützlichen. Nützlich ist beispielsweise der Kohlweißling. Im Sommer hat man viel Freude an dem weißen Geflirre im ganzen Garten, er taugt recht gut als Vogelfutter, und dass sich seine Raupen an unserem Kohlrabi und Brokkoli laben, ist nicht weiter tragisch. Sehr nützlich sind hingegen Marienkäfer, die fressen nachweislich Blattläuse.

Aber was ist mit dem Grünen Heupferd? Bei so einem Brummer denke ich gleich an das Alte Testament – und da liege ich falsch, denn die achte biblische Plage handelt von Wanderheuschrecken. Das Heupferd hingegen hat es nicht so mit der pflanzlichen Kost. Das frisst am liebsten Insekten wie Fliegen, Raupen und sogar Kartoffelkäferlarven. Da kommt Freude auf. Und wo fühlt es sich wohl? Dort, wo die Wiese kniehoch steht. Noch ein Treffer, weil mit dem Rasenmähen haben wir es ja auch nicht so. Und das Exemplar, das hier an unserer Hausmauer Unterschlupf vor dem Regen gefunden hat, sieht besonders sympathisch aus: Es ist nämlich am Legerohr deutlich als Weibchen erkennbar und folglich leise.

Grünes Heupferd