Heißes Pflaster

Springfrosch

Im letzten Monat hat es fast nicht geregnet. Das ist ungewöhnlich für eine Gegend, wo das wöchentliche Sommergewitter bisher selbstverständlich war. Seit vorgestern hält die Wetterstation unserer Gemeinde mit 38,3 Grad auch den Kärntner Hitzerekord für Juni. Das ist sowas wie der Klimawandellandesmeister des Monats. Muss man nicht haben. Als Folge davon ist im Gartenteich so wenig Wasser wie noch nie, es fehlen rund fünfzehn Zentimeter und der flache Bereich liegt trocken.

Teich

Unter dem Steinweg, wo die Folie senkrecht abfällt, sieht man manchmal hektische Bewegung. Die jungen Springfrösche haben in den letzten Tagen ihre Metamorphose abgeschlossen und wagen sich aus dem Wasser, um auf Insektenjagd zu gehen. Es ist jedes Jahr aufs Neue erstaunlich, wie schnell diese letzte Phase ihrer Entwicklung abläuft: Gerade waren sie noch unförmige Kaulquappen, und plötzlich sind sie voll entwickelte kleine Frösche, die geschickt an der Kautschukfolie hochklettern.

Diese Exemplare sind quasi die Elite ihres Jahrgangs. Von Tausenden, die aus dem Laich geschlüpft sind, hat es eine Handvoll bis zum fertigen Amphibium geschafft. Jetzt müssen sie lernen, auch in der neuen Umgebung satt zu werden. Die sonnengewärmte Folienwand ist zwar ein ergiebiges Revier, aber auch voller Risiko, denn an dieser Stelle patrouillieren immer zwei junge Ringelnattern, die auf jede Bewegung sofort reagieren.

Man kann den Ringelnattern ihren Eifer nicht verdenken. Auch sie wollen schnell wachsen, denn irgendwo in der Umgebung lauert vielleicht eine Schlingnatter, die ebenfalls hungrig ist und sich auf junge Reptilien spezialisiert hat. Mit etwas Mühe könnte man sich einreden, dass dieser permanente Jagddruck zu widerstandsfähigeren Arten führt und die Evolution voran treibt, aber im Grunde genommen bleibt die Naturbeobachtung eine ständige Quelle kognitiver Dissonanz, wo auch der Fressfeind meines Freundes mir irgendwie sympathisch ist.

Der männliche Alpen-Kammmolch

Alpen-Kammmolch Männchen

Der Alpen-Kammmolch ist eine stattliche Erscheinung. 15 bis 20 Zentimeter lang werden die Weibchen, die Männchen sind etwas kleiner, aber dafür tragen sie den namengebenden Kamm, den sie bei der Balz aufstellen können.

Die Bilder zeigen zwei verschiedene, beinahe gleich große Exemplare, die im Abstand von wenigen Minuten unter mir vorbei geschwommen sind. Das Männchen auf der hochformatigen Aufnahme hat eine marmorierte Kopfzeichnung und den beeindruckenderen Kamm. Die Fotos sind im Kontrast leicht nachbearbeitet, denn das Wasser ist so früh im Jahr noch grünlich trüb.

Für diese Sichtungen braucht es Glück, denn im Gegensatz zu den kleineren Teich- und Bergmolchen, müssen diese Riesen bei niedrigen Temperaturen nur sehr selten an die Oberfläche. Das kalte Wasser enthält genug Sauerstoff, und die Tiere kommen bis zum Sommer fast ohne Luftschnappen durch.

Der Alpen-Kammmolch ist quasi das artenschutzrechtliche Highlight in unserem Gartenteich. Er steht in Anhang IV der Fauna-Flora-Habitat-Richtlinie und folglich unter strengem Schutz. Die Art ist mittlerweile relativ selten, scheint sich bei uns aber gut zu vermehren. Jedes Jahr sind mehrere Exemplare bis in den Sommer hinein unterwegs, um ihrem Laichgeschäft nachzugehen.

Alpen-Kammmolch Männchen

Auf dem letzten Foto sieht man, was der Alpen-Kammmolch mit seinen relativ großen Pranken macht, wenn er es einmal eilig hat: Nichts! Er legt sie an. Beim Anschleichen sind Füße praktisch. Für die schnelle Fortbewegung im Wasser ist ein kräftiger Ruderschwanz aber deutlich besser. Schlängelbewegungen sind auch an Land überraschend effizient, und so kann man sich gut vorstellen, warum die Evolution bei manchen Arten wie den Schlangen, den Blindschleichen und den Schleichlurchen auf Gliedmaßen auch wieder verzichten konnte.