Wie ein Hummelkasten (nicht) aussieht

Ende März habe ich in einem Gartenforum sinngemäß folgenden Beitrag gelesen: Ein User hat dringend gebeten, ihm Pflanzenvorschläge zu nennen. Er müsse jetzt gleich ins Gartencenter fahren und neue Pflanzen besorgen. In seinem Garten sind lauter Hummeln unterwegs und seit die Krokusse verblüht sind, fliegen die nur noch herum und finden nichts.

Die erste Antwort hat ihn darauf hingewiesen, dass er hier falsch sei und seine Frage im Wildbienenforum posten solle. Als nächstes kam eine Liste mit brauchbaren Frühblühern, und erst die dritte Antwort wies darauf hin, dass Hummelköniginnen im Frühling zunächst nach einem geeigneten Platz für den Nestbau suchen.

Es ist schon eigenartig, wie die Hummeln nach dem Winter aufgeregt durch den Garten brummen. Die Blumen werden links liegen gelassen, und stattdessen erregt jedes Erdloch ihr Interesse. Manchmal verschwinden sie minutenlang, tauchen dann wieder auf und suchen weiter. Sie sind sehr anspruchsvoll bei der Wahl ihres Unterschlupfs. Trotzdem kann man sie manchmal bei ihrer Suche unterstützen.

Auf den folgenden Bildern sind drei Dinge abgebildet, die ich in den letzten Jahren errichtet habe: Das erste Bild zeigt eine kleine Holzterrasse, das zweite einen Brennholzstapel und das dritte einen nach Internetanleitung gebastelten Hummelkasten. Dazu die heutige Heimhörerfrage: Wo hat sich nie eine Hummel eingenistet?

Richtig: Der Hummelkasten folgt wieder einmal einer Anleitung, die noch nie eine Hummel gelesen hat. Am beliebtesten ist der Hohlraum unter den Lärchenholzbrettern. Schon letztes Jahr hat sich eine Hummel hier einzunisten versucht, und auch wenn es dieses Jahr mit meiner Ackerhummel wieder nichts geworden ist: Der Platz übt eine gewisse Anziehungskraft aus. Unter der Terrasse ist eine kleine Zisterne. Das Wasser kühlt, was für die Hummeln im Sommer wichtig ist. Und die nebenan stehende Zwetschke liefert mit ihren Kernen ein bei Mäusen beliebtes Winterfutter.

Ich vermute, Hummeln sind vor allem Nachmieter. Ein von Menschen gebastelter Hummelkasten ist nicht interessant, solange keine Maus darin gewohnt hat. Und manchmal ziehen Hummeln auch dort ein, wo vorher schon eine Hummel zu bauen begonnen hat.

Zwischen März und Mai ist das Leben einer Hummelkönigin gefährlich. Erst wenn sie sich unter die Erde zurück zieht und von ihren Töchtern versorgen und schützen lässt, ist das Fortkommen ihres Staates halbwegs gesichert. Davor droht ihr immer Gefahr, zuweilen auch von anderen Hummeln, die versuchen, den Bau zu übernehmen, aber das ist jetzt schon eine andere Geschichte.

Wenn Königinnen arbeiten

Dass Hummelmütter Königinnen heißen, ist ziemlich daneben gegriffen und wurde von den Honigbienen übernommen. Die Bienenkönigin genießt von Anfang an eine Sonderstellung, sie bekommt eine größere Brutzelle, eigenes Futter und später aufwändige Pflege mit eigenem Personal. Arbeiten muss sie ihr Leben lang nicht.

Ackerhummel in KolkwitzieWie viel anders verläuft das Leben einer Hummelkönigin! Sie ist im Frühling ganz auf sich allein gestellt. Sobald der Boden nicht mehr gefroren ist, macht sie sich an die Arbeit. Und die Aufgaben, die sie zu erledigen hat, sind zahlreich. Sobald sie den ersten Hunger gestillt hat, heißt es, einen geeigneten Unterschlupf zu suchen, um den Bau anzulegen. Sie formt aus Wachs die ersten Zellen, legt die Eier hinein, schafft Vorräte herbei und sorgt auch noch brütend dafür, dass die Larven im kalten Frühjahr bei gleichbleibender Temperatur heranwachsen. Erst Ende Mai kann sie sich in den Untergrund zurück ziehen und der nächsten Generation die Arbeit überlassen. Bis dahin ist das Fortkommen des Hummelstaats ausschließlich von ihr abhängig. Mit einem Ausfall der Königin geht die Kolonie zu Grunde.

Seit den 1980er-Jahren werden Hummeln kommerziell zur Bestäubung eingesetzt. Dabei werden Nester künstlich vorgezogen, die Bestäubung erfolgt also von Anfang an durch Arbeiterinnen, nicht durch die Königin. In der Natur läuft das anders ab: In kaum einer Jahreszeit sind Hummeln so präsent wie im Vorfrühling. Sobald die Erde aufgetaut ist, brummen die fleißigen Königinnen durch den Garten und übernehmen einen Gutteil der Bestäubungsarbeit. Viele Arten sind nur in dieser Zeit auffällig, weil die Arbeiterinnen im Sommer dann deutlich kleiner sind.

Und die Zahl der Hummeln in unserem Garten nimmt im Jahresverlauf nicht wirklich zu. Das hängt damit zusammen, dass das Leben der Königinnen nicht nur anstrengend sondern auch gefährlich ist. Der Konkurrenzdruck ist hoch, und nur wenige schaffen es, einen Staat zu gründen. Viele bleiben ihr Leben lang Arbeiterinnen und nur wenige erreichen die Phase, in der sie ihrem Namen gerecht werden und wirklich als Königinnen in ihrem unterirdischen Bau von ihren Töchtern versorgt werden.

AckerhummelkoeniginDer April war dieses Jahr ungewöhnlich warm. Oft habe ich den Nachmittagskaffee draußen im Garten getrunken. Neben meinem Sitzplatz ist ein kleines Loch im Boden, das unter eine Holzterasse führt. Hunderte Male habe ich dort die rechts abgebildete Ackerhummel verschwinden sehen. Nach ihr konnte man die Uhr stellen. Anfangs hat sie viel Zeit im Bau verbracht, aber zum Schluss war sie nur noch ein paar Minuten unter der Erde, dann war sie wieder unterwegs. Um die zwanzig Minuten dauerte ein Sammelflug, dann huschte sie erneut in den Untergrund, um ihre Brut zu versorgen. Sie war eine fleißige Arbeiterin. Ich habe die Präzision bewundert, mit der sie immer am gleichen Punkt gelandet ist, um dann flugs in ihrem Bau zu verschwinden. Nicht alle Hummeln können sich so perfekt orientieren. Trotzdem hat sie es nicht geschafft. Seit Pfingstmontag ist es neben meinem Sitzplatz ruhig.

Mittlerweile ist die nächste Geration am Zug. Die Zeit, in der die Königinnen arbeiten, ist vorbei. Die jungen Ackerhummeln, die im Moment unsere Himbeeren bestäuben, stammen aus einem mir unbekannten Nest. Das passiert mir eigentlich jedes Jahr, dass ich im Frühling zahlreiche Hummelköniginnen beobachte, deren fleißige Arbeit unbelohnt bleibt. Auch das ist in der Natur so vorgesehen. Im März graben sich viele aus der Erde, und nur die wenigsten schaffen es, sich zu vermehren. So bleibt die Zahl der Hummeln über den Sommer halbwegs konstant. Nur für den Blog bleibt halt nichts, worüber man berichten kann. Darauf vergisst die Natur in unserem Garten leider öfters.

Aber glücklicherweise gibt es auch Erfolgsgeschichten. Sobald die ersten Arbeiterinnen ausfliegen, wird der Hummelstaat eine stabile Population. Mit der Königin unter der Erde, die von ihren Töchtern bedient und beschützt wird, kann nicht mehr viel passieren, so wie mit der Steinhummel, die vorher eine Erdhummel war. Das ist jetzt ein Cliffhanger, ich weiß, aber ich verspreche, in diesem Sommer wird noch einiges über unsere Hummeln zu berichten sein, auch wenn die Ackerhummel, die sich unter unserer Holzterrasse eingenistet hat, leider aus dem Rennen ist.