Rangordnung

Rotkehlchen

Neulich saß ich nach getaner Gartenarbeit noch ein bisschen in der Dämmerung und beobachtete einen Schatten an den Meisenknödeln. Auf die Distanz sind meine Augen nicht mehr so gut, aber das Teleobjektiv versicherte mir nicht nur, dass es wirklich das Rotkehlchen war, es zeigte mir auch, dass man nach Sonnenuntergang noch halbwegs passable Fotos machen kann. Das Licht ist weich und hat um diese Zeit einen höheren Rotanteil, das bringt das Brustgefieder gut zur Geltung.

Die meiste Zeit musste ich allerdings die Blaumeise fotografieren, denn die Gartenvögel haben eine klare Rangordnung: Kommt die Blaumeise vorbei, macht das Rotkehlchen höflich Platz, und zeigt sich auch nur ein Feldspatz, haben alle anderen sowieso Pause.

Leider stößt die Fotografie in der Abenddämmerung schnell an ihre technischen Grenzen, und die Blaumeise sah aus wie auf dem nächsten Bild.

Blaumeise

Das kann man so natürlich nicht zeigen, also musste das Setting am nächsten Tag wiederholt werden. Gute, geplante Fotos brauchen aber viel mehr an Arbeitsaufwand. Die mache ich mit Fernauslöser. Dann kann man auch gleich das kürzere Objektiv nehmen und die Kamera mit Stativ zwei Meter danebenstellen. Ist aber eigentlich ziemlich mühsam für ein Foto von einer Blaumeise.

Das sah der Vogel ähnlich. Ich hatte die Kamera noch nicht ordentlich festgeschraubt, da meldete er sich auch schon aus der Baumkrone über mir. Zwei Minuten später hatte ich meine Fotos. Ohne Fernauslöser und aus kurzer Entfernung. Die Sonne war noch nicht untergegangen, aber Blaumeisen wollen anscheinend ins Rampenlicht.

Blaumeise

Es gibt auch beim Fotografieren eine Rangordnung unter den Singvögeln. Die einen sind scheu und zeigen sich in der Dämmerung. Die anderen wollen einfach ins Bild und das bei strahlendem Sonnenschein.

Saisonauftakt

Erdkrötenpaarung

Die Eröffnung der Amphibienbadeanstaltssaison ist fast so kompliziert wie das Wort lang ist. Normalerweise entgeht mir der Auftakt. Ich sehe immer nur einen ersten Laichballen der Grasfrösche. Die Tiere selbst bleiben unentdeckt.

Nicht so dieses Jahr. Vor einer Woche war der Teich noch zugefroren, doch dann ging alles schnell. Eine kräftige Westströmung brachte deutlich wärmeres Wetter und gleichzeitig leichten Regen. Das sind ideale Bedingungen für unsere Frühlaicher, und sie haben mich nicht enttäuscht.

So sehen sie also aus, die ersten abendlichen Badegäste und ihr Laich, der am nächsten Morgen im Teich schwimmt. Am selben Tag habe ich auch die ersten Erdkröten entdeckt. Man liest in der Fachliteratur viel über den gestaffelten Beginn der Laichsaison: Die Braunfrosche kommen zuerst, zwei bis drei Wochen später die Erdkröten.

Tatsächlich kommen bei uns Springfrösche, Grasfrösche und Erdkröten gleichzeitig. Bei den Erdkröten dauert die Paarung nur etwas länger. Während die Frösche alles in einer Nacht erledigen, klammern die Kröten bis zu einer Woche.

Das Erdkrötenpärchen auf dem letzten Foto wirkt noch nicht ganz munter. Wenn man bedenkt, dass sie gerade erst aufgestanden sind und davor fünf Monate geschlafen haben, kann man aber verstehen, dass sie noch nicht mit voller Leidenschaft bei der Sache sind. Dafür steht ihnen jetzt ein langer Sommer bevor, um frische Kraft zu tanken. Der Winter ist vorbei, und was aussieht wie ein Anflug von Schnee, sind nur noch die Samen des letzten Rohrkolbens.

Gruppenbaden

Erdkrötenpaarung

Das Paarungsverhalten der Erdkröten ist klar geregelt: Gleichgeschlechtlich eher nicht, Nekrophilie manchmal und in der Gruppe eigentlich immer. Dahinter stehen aber keine Moralvorstellungen, sondern einzig das Bedürfnis, seine Gene möglichst erfolgreich weiterzugeben.

Die Erdkröten haben keine Schallblasen, ihr Ruf ist deshalb leise, aber dafür beherrschen sie nicht nur einen Lockruf, sondern auch einen deutlich anders klingenden Abwehrruf. Diesen hört man an einem überfüllten Teich ständig, denn die unverpaarten Männchen klammern sich an alles, auch an andere Männchen, und sobald das Opfer lautstark protestiert, lässt das zweite Männchen wieder los.

Oft verteidigen die abwehrenden Männchen weniger sich selbst als vielmehr das Weibchen, auf dem sie sitzen, und dabei geht es um Leben und Tod, denn ein Weibchen, an dem zu viele Männchen hängen, läuft Gefahr, das Fortpflanzungsgeschehen nicht zu überleben. Da hilft nur noch, das Knäuel mit dem Kescher aus dem Teich zu holen und außerhalb vom Wasser wieder abzuladen. Anschließend lassen die seitlich anhängenden Männchen los, bis nur noch das ursprüngliche Pärchen überbleibt. Nach einer kurzen Verschnaufpause wirft sich das Weibchen mit Anhang wieder ins Wasser – todesmutig für die Arterhaltung.

Zumindest bei den Erdkröten ist die Liebe manchmal stärker als der Tod. Der eine oder andere Galan hält seine bleiche Schönheit noch im Arm, obwohl sie sich längst nicht mehr regt und langsam unangenehm zu riechen beginnt. So ein amouröses Abenteuer kann nachhaltig traumatisieren. Und wie der Held in der klassischen Tragödie weiß auch dieser kleine Kerl nichts von seiner Mitschuld am eigenen Unglück.

In moderatem Umfang führt das Paarungsgedränge aber auch zu einem besseren Fortpflanzungserfolg. Von den bis zu 5000 Eiern, die eine heimische Erdkröte ablegt, sind eigentlich immer alle befruchtet, und das nicht ausschließlich vom selben Männchen. Untersuchungen haben gezeigt, dass bis zu 30 Prozent aller Laichschnüre verschiedene Väter haben. Das kann daran liegen, dass ein stärkeres Männchen seinen Vorgänger im Laufe der Paarung verdrängt, oder daran, dass ein zweites klammerndes Männchen ebenfalls erfolgreich befruchtet.

Ich bin sicher, dass vor allem für Neulinge unter den Gartenteichbesitzern die Ausfallsquote bei den Krötenweibchen psychisch belastend sein kann, denn in der Zugriffsstatistik dieses Blogs dominiert jedes Frühjahr der Beitrag „Wie Kröten sterben“ aus dem Jahr 2019, und mich erreichen auch immer wieder Anfragen zu diesem Thema. Umso mehr Kröten sich im Gewässer treffen, desto geringer ist allerdings die Opferzahl. Oft sitzen die verpaarten Tiere im Rund an einer Stelle des Teichs zusammen, wie auf dem letzten Foto zu sehen. Dadurch fällt es den Männchen leichter, etwaige Angriffe abzuwehren.

Erdkröten setzen bei der Fortpflanzung auf eine ausgeprägte r-Strategie, das heißt, sie versuchen, so viele Nachkommen wie möglich in die Welt zu setzen, damit wenigstens ein paar durchkommen. Da ist es nur konsequent, wenn Gruppenpaarung zusätzliche Sicherheit und somit einen weiteren Vorteil bringt.

Die ersten Libellen

Frühe Adonislibelle

Die Frühe Adonislibelle macht ihrem Namen alle Ehre, sie ist immer schon einen Ticken vor dem ersten Plattbauch und den Azurjungfern unterwegs und markiert den Beginn der Libellensaison. Das linke Bild stammt vom ersten Mai, das rechte Bild vom 16. Juni letzten Jahres. Man kann sehr schön erkennen, dass sich die frisch geschlüpfte Libelle noch kräftiger färben wird, bevor sie im Juni zum Ablaichen an den Teich zurückkehrt.

Adonislibelle heißt sie übrigens nicht nur, weil sie schön ist. Als Aphrodite den Tod des Adonis beweinte, haben ihre Tränen kleine Röschen wachsen lassen, und das Blut des Adonis hat diese rot gefärbt. Analog zu den Adonisröschen tragen die Adonislibellen wegen ihrer rot-schwarzen Färbung den Namen des griechischen Schönlings.

Es gab Zeiten, da hat man Pflanzen und Tiere noch nach der griechischen Mythologie benannt. Das System war aber zu aufwändig und hat sich nicht gehalten, die Späte Adonislibelle heißt ganz profan auch Scharlachlibelle. Dass beide Namen auf die rote Farbe anspielen, ist übrigens kein Zufall. Sie erlaubt eine eindeutige Bestimmung, denn unter den Kleinlibellen gibt es bei uns nur diese zwei Arten in Rot. Die Späte Adonislibelle hat auch noch rote Beine, während sie bei der Frühen Adonislibelle schwarz sind. Man kann es auf den Fotos sehr schön sehen. Ich wünschte, Libellen zu bestimmen wäre immer so einfach.

Die übers Wasser laufen

Wasserläufer mit Beute

Ein Gartenteich ist nicht nur ein Lebensraum für Tiere, die im Wasser leben, auch die Oberfläche ist ein eigenes Habitat, das sich verschiedene Arten zunutze machen. Die bekannteste ist wahrscheinlich der Wasserläufer. Er zählt zu den Wanzen und verbringt fast sein ganzes Leben auf der Wasseroberfläche.

Wasserläufer

Durch Zusammenschlagen des hintersten Beinpaares kann er sich relativ schnell fortbewegen und über das Wasser gleiten. Großer Jäger ist er aber keiner. Seine Nahrung ist der ertrinkende Anflug – er ist quasi der Aasgeier des Gartenteichs und so wie die Vögel in der Wüste stürzt er sich in Gruppen auf seine Beute.

Acht Wasserläufer mit Falter

Vor lebenden Opfern hat er Respekt. Manchmal scharren sich mehrere Wasserläufer um eine Biene, die versucht ans rettende Ufer zu schwimmen. Vorsichtig lenken sie sie im Kreis, bis die Kräfte nachlassen. Anschließend wird sie verspeist.

Aktiver gehen die zahlreichen Spinnen vor, die am Ufer leben. Sie gleiten auch nicht auf dem Wasser, sie laufen in hüpfenden Bewegungen darüber hinweg. Das Prinzip ist aber das gleiche: Die Wasseroberfläche ist gefährlich, sie ist quasi ihr Netz und alles, was irrtümlich auf dem Wasser landet, wird an Land geholt und dort verspeist. Es wäre aber auch zu schade, wenn etwas verloren geht.

Spinne auf dem Wasser