Gruppenbaden

Das Paarungsverhalten der Erdkröten ist klar geregelt: Gleichgeschlechtlich eher nicht, Nekrophilie manchmal und in der Gruppe eigentlich immer. Dahinter stehen aber keine Moralvorstellungen, sondern einzig das Bedürfnis, seine Gene möglichst erfolgreich weiterzugeben.

Die Erdkröten haben keine Schallblasen, ihr Ruf ist deshalb leise, aber dafür beherrschen sie nicht nur einen Lockruf, sondern auch einen deutlich anders klingenden Abwehrruf. Diesen hört man an einem überfüllten Teich ständig, denn die unverpaarten Männchen klammern sich an alles, auch an andere Männchen, und sobald das Opfer lautstark protestiert, lässt das zweite Männchen wieder los.

Oft verteidigen die abwehrenden Männchen weniger sich selbst als vielmehr das Weibchen, auf dem sie sitzen, und dabei geht es um Leben und Tod, denn ein Weibchen, an dem zu viele Männchen hängen, läuft Gefahr, das Fortpflanzungsgeschehen nicht zu überleben. Da hilft nur noch, das Knäuel mit dem Kescher aus dem Teich zu holen und außerhalb vom Wasser wieder abzuladen. Anschließend lassen die seitlich anhängenden Männchen los, bis nur noch das ursprüngliche Pärchen überbleibt. Nach einer kurzen Verschnaufpause wirft sich das Weibchen mit Anhang wieder ins Wasser – todesmutig für die Arterhaltung.

Zumindest bei den Erdkröten ist die Liebe manchmal stärker als der Tod. Der eine oder andere Galan hält seine bleiche Schönheit noch im Arm, obwohl sie sich längst nicht mehr regt und langsam unangenehm zu riechen beginnt. So ein amouröses Abenteuer kann nachhaltig traumatisieren. Und wie der Held in der klassischen Tragödie weiß auch dieser kleine Kerl nichts von seiner Mitschuld am eigenen Unglück.

In moderatem Umfang führt das Paarungsgedränge aber auch zu einem besseren Fortpflanzungserfolg. Von den bis zu 5000 Eiern, die eine heimische Erdkröte ablegt, sind eigentlich immer alle befruchtet, und das nicht ausschließlich vom selben Männchen. Untersuchungen haben gezeigt, dass bis zu 30 Prozent aller Laichschnüre verschiedene Väter haben. Das kann daran liegen, dass ein stärkeres Männchen seinen Vorgänger im Laufe der Paarung verdrängt, oder daran, dass ein zweites klammerndes Männchen ebenfalls erfolgreich befruchtet.

Ich bin sicher, dass vor allem für Neulinge unter den Gartenteichbesitzern die Ausfallsquote bei den Krötenweibchen psychisch belastend sein kann, denn in der Zugriffsstatistik dieses Blogs dominiert jedes Frühjahr der Beitrag „Wie Kröten sterben“ aus dem Jahr 2019, und mich erreichen auch immer wieder Anfragen zu diesem Thema. Umso mehr Kröten sich im Gewässer treffen, desto geringer ist allerdings die Opferzahl. Oft sitzen die verpaarten Tiere im Rund an einer Stelle des Teichs zusammen, wie auf dem letzten Foto zu sehen. Dadurch fällt es den Männchen leichter, etwaige Angriffe abzuwehren.

Erdkröten setzen bei der Fortpflanzung auf eine ausgeprägte r-Strategie, das heißt, sie versuchen, so viele Nachkommen wie möglich in die Welt zu setzen, damit wenigstens ein paar durchkommen. Da ist es nur konsequent, wenn Gruppenpaarung zusätzliche Sicherheit und somit einen weiteren Vorteil bringt.

7 Kommentare zu „Gruppenbaden

  1. Tolle Fotos und spannend zu lesen. Irgendwie erinnert mich manches an die Mauerbienen, wenn die loslegen. Da gibts auch kein Halten mehr 😉 Ist aber schon irre, was da abgeht, um die Fortpflanzung zu sichern. Und das die noch festhalten, auch wenn der Partner schon müffelt, das nenne ich Treue bis in den Tod. Oh weh. Ich schätze, die kommenden 3 Wochen brauchst du kein Fernsehen 🙂

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